Und immer wieder die Angst vor Ablehnung…

Und immer wieder die Angst vor Ablehnung…

Wer kennt sie nicht: Die Angst vor der Ablehnung durch eine Person oder die Ausgrenzung aus einer Gruppe?

Ich schätze mal, dass jeder sie auf die ein oder andere Art schon zu spüren bekommen hat. Die ersten Erfahrungen damit machen wir, wenn wir uns als Kind der Liebe unserer Bezugspersonen nicht sicher sein konnten. Die Gründe, die ja in der Bezugsperson liegen und nicht im Kind, spielen für das Entstehen dieser Liebesunsicherheit keine Rolle. Das Kind kann die Gründe gar nicht verstehen, es muss zwangsläufig die Schuld bei sich selbst suchen.

Später, im Entdecken des sozialen Gefüges, kommen dann Erfahrungen hinzu, die sich auf die Interaktion mit Gemeinschaft und Gruppen beziehen. Entweder man erlebt, dass man wegen irgendetwas ausgegrenzt wird oder man lernt, wie man sich am besten verhält, um nicht ausgegrenzt zu werden. Es macht keinen Unterschied. In beiden Fällen orientiert man sich am Gruppengeschehen und nicht an der eigenen Wahrheit.

Wir alle tragen diese Angst vor Ablehung in uns. Und nur, weil wir ganz gut erspüren können, was unsere Bezugsperson oder die Gruppe von uns erwartet und wir uns darauf einstellen und dem entsprechen, heißt das nicht, dass wir die Angst nicht in uns tragen. Wir haben einfach richtig gut gelernt uns anzupassen.

Die Angst vor Ausgrenzung ist so alt wie die Menschheitsgeschichte.

Dass wir diese Angst vor Ausgrenzung in uns tragen ist entwicklungshistorisch sinnvoll. Als Individuum hatten wir früher keine Überlebenschance. Wenn wir aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden, war dies unser Todesurteil.

Heute ist das nicht mehr so.

Aber es fühlt sich immer noch so an!

In unseren Zellen ist nach wie vor die alte Angst verankert, auch wenn die Umstände heute so sind, dass wir nicht mehr sterben müssen, wenn wir ausgeschlossen oder abgelehnt werden. Wir können uns Hilfe holen, neue Menschen finden, Selbsthilfegruppen aufsuchen und zum Überleben Bürgergeld beantragen.

Für dich als Erwachsene*r ist Liebesverlust oder Ausgrenzung „nur noch“ eine emotionale Angelegenheit. Dein physisches Überleben hängt nicht mehr davon ab.

Das dürfen wir uns einmal sehr bewusst machen, denn wir verhalten uns oft anders. Wir stehen immer noch unter dem Diktat der alten Angst.

Wenn ich der Angst vor Ausgrenzung die Macht überlasse, hemme ich meine Entwicklung

Gerade Hochsensible Menschen haben seeeeehr feine Antennen für die Bedürfnisse anderer Menschen. Deshalb ist es für uns auch besonders wichtig zu verstehen, dass wir einerseits diese alte Angst in uns tragen UND dass wir uns daraus befreien dürfen, können und müssen. Zumindest dann, wenn wir danach streben, unserer wahren Natur näher zu kommen, unsere eigene Wahrheit zu finden und zu leben.

Ich glaube, dass wir alle hier noch in den Kinderschuhen unseres Bewusstseins stecken. Die Sehnsucht nach Zugehörigkeit ist so groß, dass dafür eigene Ideale und Lebenswünsche verbogen oder geopfert werden.

Ich habe es gerade selbst bei mir wieder erlebt: Ich habe die Bewusstheitsgruppe ins Leben gerufen, von der du vielleicht gelesen hast. Bei der Formulierung der Beschreibung war ich aber so unklar, dass es manch einem nicht deutlich geworden ist, dass es hier um spirituelle Arbeit geht. Meine Worte waren zwar nicht falsch, aber sie waren nicht pointiert genug, so dass es viel Interpretationsspielraum gab.

In der Reflexion, warum ich das gemacht habe, ist mir bewusst geworden, dass es die Angst vor Ablehnung ist, wegen der ich mich ein bisschen vor einer klaren Formulierung gedrückt habe. Es gibt da einen tiefsitzenden Schrecken, der sich wie Hinrichtung anfühlt, wenn ich mich mit meiner wahren, spirituellen Natur zeige. Nun, wo ich das Gefühl für mich entdeckt und benannt habe, kann ich entscheiden, ob ich ihm das Feld überlasse oder eine andere Entscheidung treffe. Ich treffe eine andere Entscheidung, auch wenn sich das überhaupt noch nicht komfortabel anfühlt. Aber mein Bekenntnis zur Wahrheit und Selbsterforschung steht für mich an allererster Stelle. Das ist nicht verhandelbar.

Ich verhalte mich also meinem Bewusstsein entsprechend, auch, wenn es mir momentan noch unangenehme/bedrohliche Gefühle beschert. Egal. Da geht die Reise lang.

Den Gefühlen Aufmerksamkeit schenken und dann unabhängig entscheiden

An diesem Beispiel kannst du ablesen, wie Entwicklung, Reifung und Umlernen geschieht. Die Gefühle entdecken und fühlen, sich aber im Handeln nicht davon bestimmen zu lassen. Durchfühlen ohne etwas zu tun. Das ist nicht nur ein therapeutischer Ansatz, sondern auch ein sehr spiritueller.

Man kann das nicht trennen. Wer so wie ich Wahrheit und Liebe ganz oben auf dem Stundenplan des Lebens stehen hat, der kommt an der Spiritualität nicht vorbei.

Scheiterhaufen hin oder her.

 

 

 

Bild: Gert Altmann + ai

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