
Eine schwierige Entscheidung
Ihr Lieben,
ich möchte euch heute mitnehmen auf meine Reise, die in den letzten Monaten stattgefunden hat. Sie betrifft meine Arbeit und mein Leben. Und sie betrifft die Schnittstelle zwischen dem Inneren und dem Äußeren.
Seit mehreren Monaten habe ich in einem ziemlich fordernden Zwiespalt gelebt: Da war mein Leben in Köln, meine geliebte Wohnung, meine Arbeit in der ebenso geliebten Praxis, die wunderschönen Klientenkontakte. Und da war meine Mutter, die mit 90 Jahren immer mehr Unterstützung benötigt und die 70 km entfernt im Ruhrgebiet wohnt. Die Notwendigkeiten der Hilfe haben sich nach und nach ergeben. Als hochsensibler Mensch bekomme ich mit, was gebraucht wird und springe ein, wenn Hilfe nötig ist. Hier, in Kettwig, lebt auch Udo, so dass ich zwei Gründe hatte hier zu sein. Ich liebe Köln, ich liebe Kettwig. Es hat mich in Dauerspannung versetzt, beide Wohnorte mit Leben und Engagement zu füllen. Und ich habe mich immer nur punktuell – mal hier, mal da – zu Hause gefühlt.
Mit Entscheidungen tue ich mich etwas schwer. Mein Naturell ist treu, konstant, zuverlässig. Das sind wundervolle Eigenschaften, die aber diese Schattenseite haben, dass ich Entscheidungen lange ausbrüte, bis sie die nötige Entschlusskraft haben. Es ist ein Bewusstwerdungsprozess, der langsam reift und der sehr viele Komponenten hat. Aber nun ist die Entscheidung plötzlich da:
Die Erkenntnis ist, dass ich mich auch gegen etwas entscheiden kann, was ich total liebe: Mein Kölner Leben. Das tut weh. Und es ist trotzdem richtig. Es geht bei dieser Entscheidung um Prioritäten. Die letzte Lebensphase mit meiner Mutter kann nicht verschoben werden. Sie findet jetzt statt. Das ist eine Tatsache, die man nicht wegdiskutieren kann. Und eine weitere Tatsache ist, dass es mir sehr wichtig ist, dass meine Mutter auch mit all den zunehmenden Einschränkungen weiterhin ein gutes Leben hat, das ihr entspricht. Dafür braucht es jemanden vor Ort.
Deshalb werde ich Köln als Wohnort aufgeben.
Das ist keine Kleinigkeit. Ich habe dort 33 Jahre gelebt, davon 18 in meiner Traumwohnung. Und ich ziehe in eine Haus, das komplett eingerichtet ist und wo erst Platz geschaffen werden muss – keine leichte Aufgabe.
Trennung
Es ist viel Trennung nötig. Trennung von Materie, die so viele Erinnerungen gespeichert hat, Trennung von Alltagsmenschen, wie den netten Kioskbetreiber an der Ecke und mein Lieblingsrestaurant, Trennung von dem Lebensgefühl, das Köln vermittelt (Köln is en Jeföhl). Wenn ich davon erzähle, kommen Sätze wie: „Ja, aber da kannst du doch immer noch mal sein.“ Ehrlich – das ist eine Beschwichtigung, das ist ein Wegschieben der Auseinandersetzung mit dem Abschied. Es wird nicht mehr dasselbe sein. Der Trennungsschmerz ist da und will durchfühlt werden.
Logistik
Und dann diese Herkulesarbeit der Wohnungsauflösung. Davor graute mir am meisten. Lauter Entscheidungen – kann weg, muss weg, mitnehmen – aber wohin, Platz schaffen im Haus, auch wieder Trennungsentscheidungen. Erinnerungen aus dem Leben meines Vaters. Auch er hat gesammelt. Ich möchte diese Dinge nicht wegwerfen, sondern sinnvoll unterbringen. Das mach viel Arbeit.
Selbstmanagement
Wie gehe ich mit mir um in dieser intensiven Zeit, in der so viel Materie bewegt werden muss? Ich habe ein extrem gutes Organisationstalent, das schnell einen Plan hat, wie es zu laufen hat und das diesen Plan auch zügig umsetzt. Die Fähigkeit ist, dass ich alle Schritte sehe, die getan werden müssen. Der Nachteil ist, dass ich sie alle auf einmal sehe. Hier stoße ich an meine Grenzen, weil mein Nervensystem Amok läuft, besonders nachts.
Gestern bin ich in der Wohnung herumgelaufen und habe an 5 Stellen immer wieder neu angefangen. Etwas kopflos. Ich nehme es wahr, es ist ok. Darf im Moment so sein, es ist noch genug Zeit. Irgendwann wird es wieder strukturierter ablaufen. Doch ich muss gleichzeitig Pausen schaffen und mein Nervensystem beruhigen, auch wenn die Arbeit mich anguckt. Das tute ich mit Atemübungen und Tee.
Die Anderen
An dieser Veränderung sind 2 Geschwister, meine Mutter und mein Partner betreiligt. Sie sind alle hochsensibel und reagieren ebenfalls mit ihren Befindlichkeiten auf die Veränderung. Wir führen Gespräche. Ich spreche alle an, ob ich die Unterstützung für diese Entscheidung und deren Folgen habe. Zum Glück sind wir alle Menschen, die Sachliches und Emotionales ganz gut getrennt betrachten können. So sind diese Gespräche meist konstruktiv und dienen der Weiterentwicklung und Klarheit.
Hilfe
Ich versuche, mir Unterstützung zu sichern, damit ich mich körperlich nicht überfordere. Auch hier können Grenzen gedehnt werden. Praktische Hilfe gegen Bezahlung klappt ganz gut. Ich merke aber, dass ich gerne mit Menschen zusammen arbeiten möchte, die Souveränität ausstrahlen. Hilfreich ist zB kompetente, souveräne Männerenergie: Anpacken, Tat- und Körperkraft, Gelassenheit, handwerkliches Geschick, Mitdenken. Zupacken. Gefühle draußen lassen. Neulich hatte ich so einen Helfereinsatz – genial. Ich muss es nicht alles selbst machen, auch wenn ich das meiste davon könnte.
Es war eine Erkenntnis, dass ich nicht nur Möbelschlepper haben möchte, sondern Möbelschlepper, bei denen die menschliche Komponente zu mir passt. Das entspannt mich.
Entspannung
Jetzt, wo die Entscheidung getroffen ist, setzt neben der Anspannung auch Entspannung ein. Ich kam gestern nach Kettwig und hatte das Gefühl: Ich fahre nach Hause. Das war schön, weil es eindeutig war. Udo hat das auch gespürt. Auch bei ihm hat sich die Haltung von Ambivalenz zu Klarheit entwickelt.
Was bedeutet das alles für meine Arbeit?
Natürlich werden diese Veränderungen auch meine berufliche Tätigkeit verändern. Ich werde vermutlich die nächsten Monate weniger präsent sein. Meine Arbeit wird mehr online stattfinden. Praxistermine sind mit Fahrerei verbunden, weshalb ich sie auf bestimmte Wochentage konzentrieren werde. Da ich weniger arbeite, gelte ich als Kleinunternehmerin und deshalb muss ich keine Mehrwertsteuer mehr berechnen.
Ich kann also die Preise senken, was mich SEHR freut!!
Ihr Lieben, BEWUSSTSEIN ist der Schlüssel zu diesem ganzen Komplex. Alles fühlen, durch die emotionalen Prozesse durchgehen, dann unterstützt einen das Leben mit Flow und Entwicklung.
Warum ich das so ausführlich teile
Es gibt seit vielen Jahren eine Leserschaft, zu der ich eine enge Verbundenheit fühle. Ich kenne viele Namen. Manchmal höre ich jahrelang nichts und plötzlich kommt eine E-Mail, in der jemand schreibt, dass er/sie sich immer freut von mir zu lesen. Diese Verbundenheit ist ein Geschenk. Deshalb möchte ich euch teilhaben lassen.
Es gibt aber auch dieses übergeordnete Thema, das immer mehr meine berufliche Ausrichtung prägt: Bewusstsein.
Bewusstsein ist der Schlüssel zur Lösung von Problemen, zur guten Beziehungsgestaltung, zu einem achtsamen Selbstmanagement, zum Gefühl verbunden zu sein. Über das Bewusstsein können wir nach und nach unsere blockierten Gefühle lösen und uns emotional befreien. Damit es leichter fließt und das Leben seinen Weg finden kann. (Das ist übrigens auch der Weg zu seiner Berufung/Lebensaufgabe zu finden.)
Bewusstsein befreit. Kämpfe lösen sich auf, auch der Kampf gegen die Herausforderungen der Hochsensibilität.
Bewusstsein bringt die wichtigen Veränderungen auf den Weg. Ich merke es immer an meinen Beratungsgesprächen mit den Eltern hochsensibler Kinder. Wir sprechen 2 Stunden, den Eltern werden eigene Verhaltensweisen bewusst und das allein reicht oft schon, damit sich beim Kind entscheidend etwas verändert.
Bewusstmachung kann sich auf jedes Thema beziehen: Kinder, Partnerschaft, Beruf, familiäre Situation, Lebensgestaltung, Beziehungen, Freundschaften, Finanzen oder eben auch eine Umzugsgestaltung. Wenn dir Dinge bewusst werden, ändern sie sich.
Du bist Bewusstsein. Viele Menschen haben es nur vergessen.
Ich freue mich. Es fühlt sich an, als würde mein Leben eine andere Ausrichtung bekommen. Eine, die ich noch nicht kenne, die sich aber ergeben wird. Es fühlt sich stimmig an und ich bin gespannt auf das, was mir auf dem Weg begegnen wird, Menschen, Ereignisse, Koinzidenzen. Das ist lebendiges Leben.
Bild: Arek Socha