Die eigene Begabung erkennen

Mädchen mit vielen wirren Linien, die aus ihrem Kopf kommen

Die eigene Begabung erkennen

Wenn man von Menschen hört, die besondere Begabungen haben, die hochbegabt sind, stellt man sich mitunter vor, sie könnten sich besonders glücklich schätzen, weil sie es aufgrund ihres überdurchschnittlichen Talentes leichter hätten als andere. Das Gegenteil ist häufig der Fall. Viele hochbegabte Menschen – und dazu zähle ich die emotional begabten, die hochsensiblen ebenfalls – tun sich äußerst schwer damit, ihre Begabung so einzusetzen, dass sie sich gut entfalten kann und reiche Ernte bringt. Das hat mehrere Gründe. Erst einmal ist es gar nicht so einfach, sich ein überdurchschnittliches Talent einzugestehen. Wenn ich Menschen auf ihre (für mich offensichtliche) Hochbegabung anspreche, wiegeln sie in der Regel ab, stellen ihr Talent in ein schlechtes Licht nach dem Motto „das war doch nichts Besonderes, das kann doch jeder“. Das ist typisch. Hochbegabt sind nicht unbedingt die, die es betonen und laut darauf hinweisen. Im Gegenteil, viele äußerst talentierte Menschen gestehen sich selbst nicht ein, dass sie überdurchschnittlich intelligent sind.

Und damit sind wir bei einem Stichwort, das oft zu einem falschen Bild von Hochbegabung führt: Die Intelligenz. Was in der Öffentlichkeit unter Hochbegabung verstanden wird, ist nur ein kleiner Ausschnitt. Das sind die überprüfbaren Intelligenzformen wie mathematisch-analytische, bildlich-räumliche oder sprachliche Intelligenz. Auf diesen Intelligenzmodellen basieren die IQ-Tests. Sie geben nur Überblick über einen ganz bestimmten Ausschnitt an Talent.

Was aber ist mit den anderen Intelligenzformen, wie z.B. der  Inter- oder Intrapersonalen Intelligenz oder der Existenziellen Intelligenz? Dies sind Begabungsformen, wie viele hochsensitive Menschen sie mitbringen, nämlich die Fähigkeit Zwischenmenschliches oder Spirituelles zu erspüren und zu verarbeiten. Für diese Arten von Hochbegabung sind IQ-Tests nicht ausgelegt. Oder die Musikalisch-rhythmische Intelligenz? Ich schätze mal, Mozart hätte bei einem Test nicht als hochbegabt abgeschnitten.

In meiner Arbeit mit hochsensiblen, hochsensitiven und hochbegabten Menschen habe ich festgestellt, dass eine bestimmte Grundveranlagung häufig eher den Hinweis auf eine versteckte Hochbegabung liefert, als ein sichtbares Talent oder gar Test. Viele Menschen – vor allem Frauen, aber auch Männer – halten sich nicht für hochbegabt. Sie wehren diese Vermutung wehement ab. Deshalb möchte ich ein paar typische Merkmale nennen, die sich häufig finden:

  • Eine gute Beobachtungsgabe
  • Schnelles Erkennen von zugrundeliegenden Prinzipien
  • Das Ableiten von Gesetzmäßigkeiten aus diesen Beobachtungen
  • Kritisches, unabhängiges Denken (Infragestellen von Autoritäten)
  • Großer Wortschatz, ausdrucksvolle Sprache
  • Streben nach Fehlerfreiheit
  • Hohe Leistungsziele
  • Perfektionismus
  • Langeweile in Routinearbeiten
  • Starker Gerechtigkeitssinn
  • Ausgeprägtes Wertebewusstsein
  • Übernehmen von Verantwortung
  • Zuverlässige Planung und Organisation
  • Hoher Energielevel (kann in Zusammenhang mit Hochsensibilität aber anders wirken)

Findest du dich in dieser Beschreibung wieder? Ich höre jetzt schon die gedachten Antworten „ja schon, aber das trifft doch auf viele zu“ oder „ja, aber das kann nicht sein, weil…“

Und ich verstehe sie. Weil ich selber erlebt habe, wie schmerzhaft die Erkenntnis ist, dass man jahrzehntelang mit einem falschen Selbstbild gelebt hat und wie viel falsche Beurteilung man verdauen musste. Und gleichzeitig kommt man in Kontakt mit Loyalitätskonflikten, wenn man feststellt, dass man in Wirklichkeit schlauer ist, als man seine Umwelt, seine Eltern oder seinen Partner die ganze Zeit hat glauben lassen…

Es ist ein sehr großer Schritt, die schlechte Meinung von sich selber aufzugeben! Wer ihn wagen möchte und interessiert ist mehr über das Thema zu erfahren, dem empfehle ich das Buch „Jenseits der Norm – hochbegabt“ von Andrea Brackmann und meine Info zu den multiplen Intelligenzen von Howard Gardner.

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